Donnerstag

Liebe am Arbeitsplatz

Ich fühle mich unbehaglich wenn ich mit dem Thema konfrontiert werde.
Das bedeutet, ich fühle mich sehr häufig unbehaglich da ich häufig angesprochen werde:
"Und, wie ist es denn jetzt? Läuft da immer was?"
"Hast Du schon etwas erlebt?"
"Ist es wirklich so schlimm*?"

Genauso vorhin.
Eine Freundin rief mich an und unterbrach mich beim Kofferpacken für Afrika.
Lange ist es her als wir das letzte mal miteinander sprachen und so kam ich nicht drumherum ihr etwas von meinem neuen Arbeitsalltag zu erzählen.
Es dauerte nicht lange und die alles entscheidende Frage, welche die Stimmung zum kippen brachte, kam und folgender Dialog enstand:

Freundin: "Und, hast Du schon einen Piloten kennengelernt?"
Ich: "Ja, auf jedem Flug mindestens zwei!"
Freundin: "Nein, ich meine so richtig!"
Ich: "Wie richtig?"
Freundin: "Na Du weißt schon, mit anfassen!"
Ich: "Ja, wir geben uns die Hände beim ersten Zusammentreffen und nennen unseren Namen."
Freundin: "Nein, ich meine, lief da schon mal was?"
Ich: "Nein, warum sollte etwas laufen? "
Freundin: "Ja aber es heißt doch immer....hm, okay. Vergiss es."

Verständlich wenn die klischeegeschwängerte Neugier groß ist aber irgendwann ist auch mal gut und man darf den Verstand einschalten.
Hin und wieder würde ich nämlich auch gerne mal von meinen Shoppingexzessen berichten, von interessantem Essen schwärmen oder meiner neusten Pilcher-Layoverlektüre berichten.

Da ich aber kein Unmensch bin, erzähle ich nur einfach nicht die Wahrheit und lasse diesen Mythos unangetastet.
Was die meißten Leute nämlich nicht ahnen, selbst wenn man nicht abgeneigt wäre, besteht kaum die Möglichkeit mit Piloten anzubändeln.

Denn, und das ist nun mal Fakt, die Piloten bekommt man kaum zu Gesicht!

Da kann per se nix passieren:
- Vor dem Flug hat man nur kurz das Vergnügen miteinander, exakt die Dauer der Crewbusfahrt zum Flieger plus 5 Minuten im Briefing. Und da, man möge es mir glauben, können sich kaum romantische Gefühle entwickeln. Zumindest bei mir nicht wenn es um notfallrelevante Themen geht.
- Während des Fluges nimmt man die Piloten hauptsächlich als Nuschler durch die Lautsprecher wahr. Kopfkino wird dadurch nicht angeregt. Wirklich nicht!
- Nach dem Flug ist man froh den Boden unter den Füßen zu haben und freut sich auf eine heiße Dusche. Da noch jemanden aus einer zweiten Uniform rauszufummeln wäre körperliche Schwerstarbeit.
- Im Layover sieht man die Herren auch nicht da sie entweder pausenlos schlafen ( häufig haben diese auf einem Flug überhaupt keine Pause), seltsamen Sport treiben, alte Freunde treffen oder ihre Frauen dabei haben.

Der Ausspruch "Never f*** the company", auf deutsch: "Man sieht sich immer zweimal im Fliegerleben" tut sein übriges ;-)

Und jetzt muss ich weiter Koffer packen.



* Anderes Wort für "Geil"

5 Kommentare:

skypointer hat gesagt…

Da wir Piloten uns seit 9/11 während dem Flug nicht mehr in der Kabine blicken lassen sollten, sehen uns die F/A wirklich nicht mehr oft.

Allerdings ist der umgekehrte Weg nach meinen Informationen noch immer erlaubt und wird hochgeschätzt. Also liebe Flugbegleiterinnen: Besucht uns arme, einsame Kerle im Cockpit und versüsst uns den langen, ermüdenden Reiseflug mit eurem Anblick.
;-)

nff hat gesagt…

Dabei tun wir doch alles, um die charmanten Damen an uns zu fesseln. Wärmen das Cockpit, machen Espresso, rollen die Augen, laden die Koffer ein und landen den Airbus, als handle es sich um einen Liebesakt.

Dem Herrn Skypointer seine Taktik, Flugbegleiterinnen ins Cockpit zu locken, funktioniert in meinem Alter gar nicht mehr. Da bin ich zu wenig katholisch, zu wenig attraktiv. Darum muss ich raus ins Geschehen – raus in die Kabine, 9/11 hin oder her.

Interessanterweise trifft man nach dem seltsamen Sport in dunklen Spelunken durchaus auf Kolleginnen aus der Kabine. Zwar nicht auf die der eigenen Gesellschaft, sondern auf die von Lufthansa.
Getreu dem Motto: "The grass is always greener on the other side of the fence", gibt das nicht selten lustige Abende, was auch ihre Theorie "never f*** the company" bestätigt.

Sie können ihre Kollegin also getrost beruhigen, wir Piloten sind so ungefährlich wie Priester. War das jetzt ein guter Vergleich?

Marianne hat gesagt…

@skypointer:
Mir scheint als würdet ihr da vorne wirklich vereinsamen.
Erst kürzlich empfand ich etwas Mitleid und versuchte einem jungen F/O auf die schnelle, die Verwendung der Kaffeemaschine näherzubringen damit er sich selbst versorgen kann und nicht verdurstet.
Selbst das musste unterbrochen werden da die Arbeit hinten gerufen hat.
Heißt, Besuche kann ich mir fast nur bei Start und Landung erlauben und da stehen für mich die Herren nicht wirklich im Vordergrund...Pardon ;-)

@nff:
Stimmt, ich vergaß die Koffer, genau wie die helfende Hand beim Aussteigen!

Ich werde es meiner Freundin ausrichten und nebenbei erwähnen, dass ich ohne Schaden meiner Messdienerzeit entkommen bin!

Schinken oder Käse hat gesagt…

Bei vielen Fußgängern brennen ja die Sicherungen durch, wenn sie nur an die Konstellation Stewardess-Pilot denken. Der Klassiker schlechthin. Allerdings ist es wie bei jedem Klischee: Die Realität ist doch ein bißchen langweiliger.

Obwohl aber die Kommunikation und das Miteinander von Cockpit und Kabine seit dem 11.September sehr gelitten haben, muss ich dennoch sagen, dass diese Klischee nicht von ungefähr kommt: Auf der einen Seite die mutigen, technisch versierten Männer, die einen voll beladenen Riesenvogel landen können, und auf der anderen Seite wir fürsorglichen Mädels in der Kabine, die den emotionalen Part mit Betüddeln, Händchenhalten und Nettsein belegen. Klassische Rollenverteilung also, vielleicht sogar ein bißchen antiquiert. Ich finde nach wie vor, dass eine gewisse Spannung (zwar nicht immer und auch nicht zwischen allen Kollegen) zwischen Cockpit und Kabine nicht von der Hand zu weisen ist - erst recht, wenn man unterwegs ist und die Crew das momentane soziale Umfeld bietet.

"Never f*** the company" ist aber dennoch ein guter Leitsatz ;)

Nadja hat gesagt…

Hallo, dein Blog ist wirklich super und man kann es prima lesen, ich begeistere mich schon lange für das fliegen. Viele Grüße, Nadja