Da Eyjafjallajökull für Nachwehen sorgte (Mr. G! hat dies
hier schön verdeutlicht) und ich eine Fülle an freien Tagen hatte, beschloss ich nicht weiter Däumchen zu drehen und gab einige freie Tage ab um irgendeinen Interkontflug bestreiten zu können.
Das Planungsroulette bedankte sich für mein Opfer mit Montreal, ich bedankte mich ebenfalls...wollte ich sowieso schon immer hin da ein begnadeter Künstler dort beheimatet ist.
Als ich mein Crew traf war ich nicht wenig verwundert hauptsächlich auf Männer zu stoßen. Die wenigen Frauen aus der Crew arbeiteten in der ersten Klasse und ich durfte mich darauf freuen, meinem Mann zu stehen und mich gegen einen Haufen überschäumendes Testosteron zu behaupten.
Das ist mir trotz rotem Lippenstift und Brüsten gelungen und irgendwann war ich nicht mehr "Kleines" sondern Fräulein Titan.
Dafür war der Tross der älteren Damen an Board umso mehr verzückt, dass sich ein schöner, stolzer Latino, ein verkapptes American Apparel-Model, ein milchkaffee-farbener Jüngling und ein einfühlsamer, verzauberter Kollege sich um sie mit viel Charm und Witz kümmerten.
Für mich blieben die männlichen Passagiere übrig und ich strich sofort meine Frage aus dem Kopf ob französisch sprechende Kanadier genauso gut küssen wie die Franzosen...mich quälten die neuen Schuhe zu sehr.
Nach überstandenem Flug ging es für einen Teil der Crew und mir in die hübsche, Touristenüberflutete Altstadt und meine Schmerzen in den Füßen wurden immer mehr unerträglich. Schmerztabletten hatte ich keine dabei also mußte Alkohol zum Betäuben her. Schnell waren die männlichen Kollegen überredet und wir gingen am helligten Tag in eine Cocktailbar. Einen Gin Tonic und Cosmopolitan später trudelte der Rest der Crew ein um gemeinsam Essen zu gehen.
Seltsamerweise ging es in eine Brauerei. Denn, immer in Kanada geht es zum Essen in eine Brauerei. Das kanadische Bier ist nicht mal richtig gut. Weiß der Geier warum das so ist.
Nach einigen Pitchern Bier drehte unser (wirklich netter) Kapitän auf und begann Witze zu erzählen. Er fühlte sich sichtlich wohl in unserer Runde und ein Schenkelklopfer nach dem anderen entsprang aus seinem Mund. Alle haben höflich gelacht und waren selbst zu höflich um ihn darauf aufmerksam zu machen, dass Fritzchen-Witze bei über 4.Klässlern nur ein müdes Lächeln hervorrufen.
Ich musste den Kapitän aus der misslichen Lage befreien!
Ich konzentrierte mich auf mein Hirnareal in dem sich sämtliche sexistischen-, und Randgruppenwitze befanden und begann einen vorsichtig rauszuhauen. Das Gelächter meiner Kollegen, der hohe Testosterongehalt der Luft und mein nicht geringer Pegel ließen mich so einige humoristische Glanzstücke im Hirn finden welche ich nur zu gerne teilte. War ich einmal im drive, konnte mich nix mehr stoppen.
Irgendwann war ich die einzige die gelacht hat und ich sah in die stillen, angewiderten Gesichter um mich herum...Memmen!
Keiner schaute mich mehr an und mir wurde bewusst, dass ich für diesen Umlauf noch ein Feedback benötigte.
Ich bemerkte wieder meine schmerzhaften Füße und verlangte nach meiner Rechnung.
Es entstand allgemeine Aufbruchstimmung und wir verließen gemeinsam die Brauerei schwankenden Schrittes. So allein unter Männern hatte ich mir das dann doch anders vorgestellt. In Melancholie suhlend verfluchte ich den Alkohol.
Unterwegs bekam unser Kabinenchef einen Anruf von einem Kollegen der sich mit Freunden getroffen hatte und wollte das wir noch dazustoßen.
Der Kapitän verabschiedete sich und ich bestand auf eine Taxi zur nächsten Location.
Bis auf die gräßliche Musik und dem schlechtem Bier nahm ich von der Location nicht viel wahr.
Erst als der junge Copilot immer näher zu mir rückte und an meiner Hand klammerte, bemerkte ich seine Angst bezüglich der rein männlichen Kundschaft (außer mir natürlich), welche auf ihn ein Auge geworfen haben da er dem klassichen Bild eines sauberen Knaben entsprach.
Schnell wurde die Bar gewechselt und die Musik wurde besser. Das ich völlig ignoriert wurde von den gutaussehenden Herren in dieser Bar, war mir egal...mein bester Freund war das schlechte Bier und der ängstliche Copilot. Der Begleiter meines Kollegen führte mich zur Tanzfläche weil ich mich zum Beat bewegen wollte.
Ich wollte dann nicht mehr, irgendwie hatte ich mich doch zwischen all der nackten, schwitzenden Männer unwohl gefühlt. Ich hatte auch keine Lust, Spiele der platonischen Akedemie zu verfolgen. Dann lieber einen ängstlichen Copiloten aushalten der Panik vor popoklatschen mit Anlauf hat.
Ein Blick auf meine Uhr jagte mir einen Schrecken ein. Es war viel zu spät und ich rechnete im Geiste aus, welches Detox-Programm ich mir am nächsten Morgen einverleiben muss um den Rückflug ordentlich und sicher antreten zu können. Ein Blick in die Runde ließ mich für die ganze Mannschaft rechnen.
Schnell organisierte ich ein Taxi, als Frau muss man sich ja dann doch um die Herren der Schöpfung kümmern, und verfrachtete uns zurück in das Hotel.
Ich fühlte mich wie Mutti die ihre Kinder ins Bett bringt.
Am nächsten Morgen gingen wir alle Frühstücken und ich wunderte mich warum alle außer mir so frisch aussahen.
Nach rauhen Mengen an Proteinen, Eiweiss und Fett verabschiedete ich mich und nahm ein langes, kaltes Bad. Das sollte reichen um für den anstehenden Rückflug aufgehübscht zu sein.
Der Rückflug war sehr ruhig...mir schien als hätten die Kollegen Angst vor mir und ich bekam jeden Wunsch von den Lippen abgelesen. Ich erhielt regelmäßig meinen Tee, eine Fußmassage, es wurden nette Komplimente an mich verteilt und frauenfeindliche Ausdrücke gab es auch nicht. Irgendwie musste ich die Herren beeindruckt haben, ich war mir nicht sicher ob ich das gut fand...anscheinend war ich wohl der Kerl schlechthin für sie oder ein böses Mädchen.
Übrigens, mein Feedback war toll! Der Cabinenchef herzte mich dolle als er es mir übergab. Manchmal verstehe ich die Fliegerei immer noch nicht.